1. Unbehandelt
Unter dem Zustand unbehandelt versteht man eigentlich keine echte Wärmebehandlung.
Es ist die geregelte oder ungeregelte Abkühlung aus der Hitze der Warmumformung
(Walzen , Schmieden). Bei austenitischen Güten wird hier vorwiegend in Wasser
abgeschreckt. Dabei liegt meist ein sehr feinkörniges austenitisches Gefüge
vor. Bei Bau- und Werkzeugstählen liegen bei einer üblichen Luftabkühlung,
in Abhängigkeit vom Werkstoff, Endumformtemperatur und der Abkühlgeschwindigkeit,
unterschiedlichste Gefügezusammensetzungen vor (Ferrit-Perlit Gefüge , Zwischenstufengefüge
, Martensit oder Gefügegemische aus den vorgenannten). Bei einer Reihe von Werkstoffen
wird aber auch mit den dabei erzeugten Gefügeausbildungen ein Ergebnis erzielt,
dass eine weitere Bearbeitung (z.B. spanend oder durch Kaltumformung) ohne vorherige
Wärmebehandlung erlaubt. Eine langsame Abkühlung aus nicht zu hohen Umformtemperaturen
kommt bei niedrig legierten Baustählen einem Normalisieren sehr nahe. Bei austenitischen
Werkstoffen kann durch eine Abschreckung in Wasser aus der Umformhitze, in einigen
Fällen, auch ein annehmbares Ergebnis erzielt werden.
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2. Normalisieren
Bei dem Normalisieren soll im Material eine einheitliche Gefügestruktur mit feinem
Korn ausgebildet werden. Es wird zum Beseitigen von ungleichmäßigen und
groben Gefügen angewandt. Bei dieser Wärmebehandlung findet eine vollständige
Gefügeumwandlung (meist Ferrit-Perlit oder Perlit) und die Neubildung der Körner
statt. Das Material soll möglichst rasch auf Temperatur gebracht werden. Es gibt
eine Faustregel (n. Hanemann), danach soll mindestens 4° C pro Minute aufgeheizt
werden. Die Temperaturen für das Normalisieren liegen bei untereutektoiden Stählen
ca. 30° bis 50° C oberhalb von Ac3 und bei übereutektoiden Stählen
ca. 30° bis 50° C über Ac1. Die Haltezeit auf Glühtemperatur beträgt
ca. 20 + (D(mm) / 2) Minuten (n. Ruhfus). Die Haltezeit wird vom Zeitpunkt an gerechnet,
an dem die Oberfläche des Werkstücks die erforderliche Temperatur erreicht
hat. Außer dem vorgenannten Berechnungsmodell gibt es auch noch andere Formeln.
Auf jeden Fall ist das Material vollständig zu austenitisieren, das heißt
der Ferrit muß vollständig und die Karbide müssen nahezu vollständig
aufgelöst sein (Ausnahme übereutektoide Stähle, hier bleibt ein Rest
an Karbiden ungelöst). Die Abkühlung nach der Glühung hat langsam zu
erfolgen, entweder an ruhender Luft oder eventuell auch im Ofen. Bei zu schneller Abkühlung
kann sich, insbesondere bei höher legierten Stählen, eventuell Martensit
oder Zwischenstufengefüge ausbilden. Unterhalb ca. 600°C ist die Abkühlgeschwindigkeit
nicht mehr so kritisch. Gefügefehler durch Überhitzung oder Überzeitung
können durch eine erneute Wärmebehandlung mit richtig eingestellten Parametern
korrigiert werden. Nach der Wärmebehandlung soll das Gefüge bei untereutektoiden
Stählen aus Ferrit und Perlit bestehen. Bei übereutektoiden Stählen
liegt Perlit und Korngrenzenzementit vor.
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3. Weichglühen (GKZ-Glühen)
Bei Stählen mit einem höheren Kohlenstoffgehalt (>0,35 % C) und bei höher
legierten Bau- und Werkzeugstählen ist in weichgeglühtem Zustand eine bessere
spanende Bearbeitung möglich. Nach der Weichglühung weisen diese Stähle
anstelle des lamellaren Perlits einen körnig eingeformten Perlit auf. Diese Gefügeausbildung
weist eine geringere Festigkeit des Stahls auf. Die beim Weichglühen gebildeten
Karbide dürfen nicht zu fein und nicht zu grob ausgebildet werden. Gröbere
Karbide bewirken eine bessere Zerspanbarkeit und feine Karbide lassen sich bei einer
späteren Vergütung schneller in Lösung bringen. Ein gutes Mittelmaß
ist in den meisten Fällen von Vorteil. Um ein möglichst gleichmäßiges
Weichglühgefüge zu erhalten ist das Ausgangsgefüge von entscheidender
Bedeutung. Die Temperaturen bei dieser Glühmethode bewegen sich in der Regel kurz
unter oder selten auch oberhalb von Ac1, zeitweilig auch mit einer Temperaturpendelung
um diesen Bereich. Die Dauer der Glühung ist abhängig vom Ofentyp, Werkstoff,
Chargiermenge und den erforderlichen Eigenschaften nach dem Glühen. Ein gesamter
Zeit-Temperatur-Zyklus (inklusive Aufheizen und Abkühlen) beläuft sich auf
ca. 4 - 24 Stunden. Glühfehler, wie zum Beispiel die Bildung sehr grober Karbide
infolge falscher Temperaturwahl oder zu langer Haltezeit, lassen sich nur noch durch
erneute Bildung von lamellarem Perlit, z.B. durch ein Normalisieren, oder durch Bildung
anderer Umwandlungsgefüge, wie z.B. Zwischenstufe, wieder rückgängig
machen. Anschließend muss die Weichglühung mit den richtigen Parametern
wiederholt werden. Während es beim Weichglühen hauptsächlich auf eine
angestrebt niedrige Festigkeit ankommt, so wird beim GKZ-Glühen zusätzlich
noch besonders auf einen möglichst hohen Einformgrad des Gefüges Wert gelegt.
In diesem Zustand (Ferrit mit körnigem Zementit) lassen sich Stähle am besten
Kaltfließpressen oder Stauchen. Bainitische Ausgangsgefüge lassen sich besonders
gut und gleichmäßig einformen. Eine besondere Form des Weichglühens
ist das Glühen auf Kaltscherbarkeit. Scherbar ist ein Material schon bei höheren
Festigkeiten als dies z.B. für eine Kaltumformung erforderlich ist. Die Glühzeiten
sind ähnlich denen des Weichglühens, die Glühtemperaturen sind aber
niedriger. Die Glühzeiten sind beim GKZ-Glühen, im Gegensatz zu den anderen
beiden Verfahren, am längsten.

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4. Härten
Als Härten bezeichnet man den Vorgang der raschen Abkühlung aus dem Austenitgebiet
heraus. Das Material soll möglichst rasch auf Temperatur gebracht werden. Es gibt
eine Faustregel (n. Hanemann), danach soll mindestens 4° C pro Minute aufgeheizt
werden. Bei den meisten Stählen liegen die Temperaturen für das Härten
bei untereutektoiden Werkstoffen ca. 30° bis 50° C oberhalb von Ac3 und bei
übereutektoiden Werkstoffen ca. 30° bis 50° C über Ac1. Die Haltezeit
auf Härtetemperatur beträgt ca. 20 + (D(mm) / 2) Minuten (n. Ruhfus). Die
Haltezeit wird vom Zeitpunkt an gerechnet, an dem die Oberfläche des Werkstücks
die erforderliche Temperatur erreicht hat. Auf jeden Fall ist das Material vollständig
zu austenitisieren, das heißt der Ferrit muß vollständig und die Karbide
müssen nahezu vollständig aufgelöst sein (Ausnahme übereutektoide
Stähle, hier bleibt ein Rest an Karbiden ungelöst). Nach dem Austenitisieren
wird das Material abgeschreckt. Als Abschreckmedium kommen je nach Werkstoff entweder
Wasser, Öl oder Luft in Betracht. Im Allgemeinen werden Stähle mit wenig
Kohlenstoff und niedrigem Legierungsanteil schroffer abgekühlt / abgeschreckt
als Stähle mit mehr Kohlenstoff und höherem Anteil an Legierungselementen.
Hierbei wird in der Regel ein martensitisches Gefüge, bei manchen Werkstoffen
auch Zwischenstufe oder ein Gemisch aus Martensit und Zwischenstufe, erzeugt. Diese
Gefüge haben eine höchstmögliche Härte.
Bei der Abkühlung in einem flüssigen Abschreckmittel
werden normalerweise drei Phasen durchlaufen. Zuerst bildet sich eine Dampfhaut um
die abzuschreckende Probe (Dampfhautphase). Durch diesen Effekt des Filmsiedens (Leidenfrost-Phänomen)
wird das Werkstück gegen das Abschreckmedium isoliert. Es findet nur eine geringe
Wärmeübertragung statt und die Abschreckwirkung ist gering. Nachdem die Temperatur
an der Probenoberfläche weit genug abgesunken ist bricht die Dampfhaut zusammen
und es beginnt Phase 2 (Kochphase) der Abschreckung. Hierbei beginnt das Abschreckmittel
zu kochen wobei sich ständig Dampfblasen von der Werkstückoberfläche
lösen (Blasensieden). Das Abschreckbad wird dadurch einer starken Bewegung unterworfen
und die Abschreckwirkung ist hoch. Das Maximum der Abkühlung / Abkühlwirkung
ist in diesem Stadium erreicht. Nach weiterer Absenkung der Oberflächentemperatur
kommt die Blasenbildung zum Stillstand. In der nun folgenden Phase 3 (Konvektionsphase)
findet die Wärmeableitung nur noch durch Konvektion statt. Die Abschreckwirkung
ist geringer als in "Phase 2" aber höher als in "Phase 1".
Die Phase 1 kann durch Bewegen der Probe teilweise vermieden werden. Durch den Zusatz
von Kochsalz (z.B. 10 %) oder auch zyanhaltigen Salzen zum Wasser wird die Dampfphase
vollständig unterdrückt. Die Abkühlgeschwindigkeit wird dadurch stark
erhöht. Die Temperatur des mit Salz versetzten Wassers kann höher sein als
Wasser ohne Zusätze und hat immer noch gute und gleichmäßige Abschreckwirkung.

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5. Anlassen
Der Anlassvorgang findet bei Temperaturen zwischen Raumtemperatur und unterhalb Ac1
statt. Für Vergütungsstähle im niedrig bis mittelstark legierten Bereich
werden Temperaturen von 200° bis 680° C angewandt. Je nach verlangten mechanischen
Eigenschaften wird auf dieser Temperatur unterschiedlich lange gehalten. Eine Faustregel
für die Anlasszeit lautet ca. 2 mal Haltezeit des Materials auf Austenitisierungstemperatur
beim Härten. Im allgemeinen wird an Luft abgekühlt. Ein zu langsames Abkühlen
nach dem Anlassen kann bei einigen Stählen (Mn , CrNi und CrMn legiert) zu Anlasssprödigkeit
führen. Bei empfindlichen Stählen ist der kritische Temperaturbereich von
550 bis 400° C zügig zu durchlaufen. Um das Risiko der Bildung von Spannungsrissen
zu minimieren oder zu vermeiden ist ein möglichst zeitnahes Anlassen nach dem
Härten anzustreben. Ziel des Anlassens ist der Abbau von Materialspannungen die
durch das Härten entstanden sind und das entgültige Einstellen der gewünschten
technologischen Eigenschaften wie Zugfestigkeit, Streckgrenze, Dehnung und Einschnürung.
Im Gefüge finden während des Anlassens mehrere Vorgänge statt. Beim
Anlassen findet keine kristalline Veränderung statt. Die Härte verringert
sich durch den einsetzenden Martensitzerfall mit Bildung von feinsten, lichtmikroskopisch
nicht sichtbaren epsilon-Karbiden (oberhalb ca. 100 °C) und die Ausscheidung von
feinen Karbiden "Fe3C" (oberhalb ca. 250 °C). Der Grad der Karbidausscheidung
und deren Größe steigt mit der Höhe der Anlasstemperatur und damit
sinkt in gleichem Maße die Härte. Das Gefüge besteht zum Schluß
aus ferritischer Matrix mit eingelagerten, lichtmikroskopisch sichtbaren, Karbiden.
Bei ca. 200° C wandelt tetragonaler Martensit in kubischen Martensit um.
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6. Vergüten
Vergüten ist eine Kombination aus Härten und Anlassen. Mit dieser Wärmebehandlung
soll das Material in einen Zustand mit hohen Zähigkeitseigenschaften bei gleichzeitig
hoher Zugfestigkeit bzw. Härte versetzt werden. Das beste Streckgrenzenverhältnis
und die höchste Zähigkeit werden beim Vergüten erreicht, wenn die Härtung
vollkommen über die Martensitstufe erfolgt ist. Soll Material vergütet werden
so ist ein möglichst kurzfristiges Anlassen nach dem Härten vorzuziehen um
eine eventuelle Rissbildung, hervorgerufen durch innere Spannungen, zu vermeiden. Zur
exakten Einstellung der technologischen Eigenschaften dienen die für jede Stahlsorte
expliziten Vergütungsschaubilder / Anlassschaubilder. Hier sind die Festigkeits-
und Zähigkeitskennwerte in Abhängigkeit von der Anlasstemperatur abzulesen.
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7. Entspannen
Das Entspannen oder Spannungsfreiglühen / Spannungsarmglühen dient dem Abbau
von Spannungen im Material. Diese Spannungen können bei Temperaturen unterhalb
Ac1 (ca. 650° - 680° C) abgebaut werden; übliche Temperaturen für
das Spannungsarmglühen 450 - 650° C. Eine Gefügeumwandlung findet dabei
nicht statt. Je nach Temperatur und Haltezeit ist eine geringe Einformwirkung im Gefüge
festzustellen und die Festigkeit kann leicht abfallen. Bei niedrigen Temperaturen muss
die Glühzeit verlängert werden. Die Abkühlung sollte langsam und geregelt
erfolgen um eine erneute Spannungsbildung zu vermeiden. Wenn vergütetes Material
entspannt werden soll, so muss die Temperatur zum entspannen ca. 30 - 50° C unter
der letzten Anlasstemperatur liegen um eine Beeinträchtigung der Festigkeit zu
verhindern. Werkstoffe die eine hohe Härte haben sollen werden bei ca. 200°
C entspannt. Bei dieser Temperatur wandelt der spannungsreiche tetragonale Martensit
in spannungsärmeren kubischen Martensit um.
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8. Lösungsglühen
Lösungsglühen ist ein Wärmebehandlungsprozess der bei austenitischen
Güten Anwendung findet. Das Material wird bei Temperaturen von ca. 1000° bis
1100° C für 30 Minuten bis zu einigen Stunden (abhängig von den Werkstückabmessungen)
auf Temperatur gehalten und anschließend in Wasser abgeschreckt. Eventuell im
Austenit vorhandene Karbidausscheidungen, Delta-Ferrit oder Sigma-Phase werden so in
Lösung gebracht und die Wasserabschreckung verhindert erneute Ausscheidungen.
Bei dünnen Querschnitten kann auch schnelle Luftabkühlung ausreichend sein.
Das nach der Warmumformung meist feine Austenitkorn vergröbert sich dabei mehr
oder weniger stark. Lösungsglühen dient bei austenitischen Werkstoffen auch
der Rekristallisation von kaltverformtem Material (z.B. nach dem Ziehen oder Tiefziehen)
und führt zum Abbau von Kaltverfestigungen. Zu lange Haltezeit und zu hohe Temperaturen
begünstigen das Kornwachstum negativ und es kann schnell zur Grobkornbildung kommen.
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9. Rekristallisationsglühen
Eine Rekristallisationsglühung wird vorgenommen wenn das Material kaltverformt
wurde. Die dabei aufgetretenen Eigenschaftsänderungen, wie zum Beispiel Verfestigung
und Kornstreckung, können mit dieser Wärmebehandlung beseitigt werden. Die
Rekristallisationstemperatur liegt unterhalb Ac1, üblicherweise bei Temperaturen
zwischen 500 und 700° C. Mit zunehmender Kaltumformung steigt die Festigkeit an,
bei gleichzeitiger Abnahme von Dehnung und Zähigkeit. Ist das Material an seiner
Umformgrenze angelangt, muss durch eine Rekristallisation eine Kornneubildung vorgenommen
werden. Bei der Rekristallisationsglühung findet keine Neubildung der Gefügezusammensetzung
statt sondern es werden nur die Körner neu gebildet. Die Neigung zur Kornneubildung
ist um so größer je größer der Umformgrad ist. Bei hohen Umformgraden
ist auch eine niedrigere Glühtemperatur ausreichend. Bei steigenden Umformgraden
und sinkender Rekristallisationstemperatur nimmt die Korngröße der neugebildeten
Körner ab, zum Teil sogar unter die der Ursprungskorngröße. Bei Profilen
mit örtlich unterschiedlichen Verformungen können manchmal Probleme bei der
Kornneubildung entstehen, da durch die unterschiedliche Verfestigung keine einheitliche
Korngröße entsteht. Die Rekristallisation von austenitischen Werkstoffen
wird bei der entsprechenden Lösungsglühtemperatur durchgeführt. Hochlegierte
ferritische Chromstähle können durch ein Weichglühen bei der werkstoffspezifischen
Temperatur rekristallisiert werden.
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10. Einsatzhärten
Beim Einsatzhärten wird dem eigentlichen Härteprozess eine Aufkohlung des
Materials vorausgeschickt. Sinn und Zweck dieser Wärmebehandlungsmethode ist eine
harte, verschleißfeste Oberfläche bei gleichzeitig hoher Zähigkeit
im Kernbereich. Als Werkstoffe kommen Stähle mit Kohlenstoffgehalten unterhalb
von 0,25 % in Frage. Es gibt unlegierte und legierte Einsatzstähle. Die bei der
Einsatzhärtung erreichten Oberflächenhärten sind bei allen Einsatzstählen
nahezu gleich. Unterschiede gibt es jedoch in der erzeugten Kernhärte, da die
Werkstoffe unterschiedliche Härteannahmen außerhalb der aufgekohlten Bereiche
entwickeln. Als Aufkohlungsmittel kommen gasförmige, feste und flüssige Mittel
zum Einsatz (Gasaufkohlen, Pulveraufkohlen, Badaufkohlen). Als feste Aufkohlungsmittel
werden meist Mischungen aus Holzkohle und Bariumkarbonat eingesetzt. In Kästen
werden die Werkstücke so in dem Einbettpulver eingelegt das sie allseitig mindestens
2 bis 3 cm bedeckt sind. Die Behälter sind gut zu verschließen um ein Entweichen
der Aufkohlungsgase zu minimieren. Flüssige Aufkohlungsmittel gibt es Form von
Salzbädern die auf Aufkohlungstemperatur geschmolzen werden. Die Werkstücke
werden direkt in die Salzschmelze eingehängt und erreichen dadurch schnell die
Aufkohlungstemperatur. Das Verfahren der Aufkohlung mit gasförmigen Stoffen hat
sich vor allem in der automatischen Massenfertigung immer mehr durchgesetzt und ist
das Standartverfahren bei Durchlauföfen. Die Temperaturen für den Aufkohlungsprozess
liegen zwischen 870° und 930° C (manchmal bis zu 980° C). Die Tiefe der
aufgekohlten Zone wird hauptsächlich durch die Behandlungsdauer bestimmt, daneben
spielt noch die Aktivität des Aufkohlungsmittels eine Rolle. Das aufgekohlte Material
kann anschließend direkt aus der Aufkohlungshitze (Direkthärtung) oder später
nach der Abkühlung des Werkstücks und einer erneuten Erwärmung auf Härtetemperatur
(als Einfach- oder Doppelhärtung) abgeschreckt und damit gehärtet werden.
Für die Direkthärtung lassen sich nur Feinkornstähle verwenden, die
eine bestimmte Legierungszusammensetzung aufweisen, da eine übermäßige
Bildung von Restaustenit vermieden werden muß. Bei der Einfachhärtung wird
das Werkstück von der für die aufgekohlte Randzone entsprechenden Härtetemperatur
abgeschreckt. Bei der Doppelhärtung wird das Werkstück zuerst von der Härtetemperatur
des Grundwerkstoffs abgeschreckt und anschließend, nach erneutem Erhitzen, von
der Härtetemperatur der aufgekohlten Randzone. Unlegierte Stähle werden vorwiegend
aus dem unteren Temperaturbereich in Wasser abgeschreckt während legierte Einsatzstähle
aus dem oberen Temperaturbereich in Öl abgeschreckt werden. Anschließend
können die einsatzgehärteten Teile noch angelassen werden um Spannungen abzubauen.
Einsatzhärtetiefe ist die Zone, gemessen von der Oberfläche bis zu dem Punkt,
an dem eine zuvor festgelegte Härte noch erreicht wird. Übliche Aufkohlungstiefen
liegen zwischen 1 und 2 mm.
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11. Nitrieren
Unter Nitrieren wird der Vorgang des Glühens in stickstoffabgebenden Mittel verstanden.
Es kommen gasförmige (Stickstoffträger ist meist NH3) und flüssige (Stickstoffträger ist meist KCN-Salz) Aufstickungsverfahren
zum Einsatz. Beim Gasnitrieren spaltet sich laufend während der gesamten Wärmebehandlungsdauer
das Ammoniak (NH3) in atomaren Stickstoff und Wasserstoff auf. Beim Badnitrieren zersetzt
sich das Kaliumzyanit und gibt atomaren Stickstoff und Kohlenstoff frei. Diese Vorgänge
geschehen unter Einwirkung von Temperatur und der katalytischen Wirkung der Eisenoberfläche.
Der dann vorliegende atomare Stickstoff kann in die Werkstückoberfläche eindiffundieren.
Beim Verfahren des Plasmanitrieren findet die Einlagerung von Stickstoff an der Werkstückoberfläche
im Vakuum, unter Zuhilfenahme eines durch Glimmentladung erzeugten Plasmas, statt.
Zweck dieser Wärmebehandlungsverfahren ist eine Erhöhung der Verschleißfestigkeit
und Härte der Oberfläche. Dies wird durch das Entstehen von hohen Druckeigenspannungen,
als Folge der Volumenzunahme durch Stickstoffanreicherung, und durch die Ausscheidung
von Sondernitriden erreicht. Die Nitriertemperatur beim Gasnitrieren liegt bei ca.
500 - 530° C und beim Salzbadnitrieren bei ca. 550 - 580° C. Die Temperaturen
beim Plasmanitrieren sind überlicherweise bei ca. 480° - 580° C, können
in Sonderfällen aber bis auf 350°C abgesenkt werden. Nach Beendigung der Nitrierzeit
wird das Material an Luft abgekühlt oder manchmal auch in Öl oder Wasser
abgeschreckt (Vermeidung von Anlassversprödung aber größere Gefahr
des Verzugs). Beim Nitrieren von vergütetem Material ist darauf zu achten eine
ausreichende thermische Stabilität zu gewährleisten. Die Nitriertemperatur
sollte aus diesem Grund mindestens ca. 30 - 50° C unter der Anlasstemperatur liegen,
um eine erneute Anlasswirkung, welche eine Abnahme der Kernfestigkeit zur Folge hätte,
zu verhindern. Eine sehr lange Nitrierdauer könnte die gleichen Auswirkungen zur
Folge haben. Nitrierhärtetiefe ist die Zone, gemessen von der Oberfläche
bis zu dem Punkt, an dem eine zuvor festgelegte Härte noch erreicht wird. Die
Tiefe von Nitrierzonen liegt üblicherweise bei 0,2 bis 0,4 mm. Bei sehr langer
Nitrierdauer kann die Nitriertiefe aber auch bis zu 1 mm betragen. Für das Gasnitrieren
und Salzbadnitrieren werden bevorzugt Werkstoffe aus der Gruppe der Nitrierstähle
verwandt aber es eignen sich ebenso normale Bau- und Vergütungsstähle. Für
das Plasmanitrieren eignen sich auch hoch legierte Chromstähle.
Eine Sonderform des Nitrierens ist das Nitrocarburieren.
Bei diesen Verfahren, die ebenfalls im Gasstrom, Salzbad oder Plasma im gleichen Temperaturbereich
wie oben beschrieben durchgeführt werden, werden neben Stickstoffträgern
auch Kohlenstoffträger angeboten. Beide Elemente N und C werden kontrolliert eingesetzt
und diffundieren parallel in die Werkstückoberfläche ein.
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12. Karbonitrieren
Karbonitrieren ist eine Kombination aus Aufkohlen und Nitrieren. Für das Karbonitrieren
eignen sich unlegierte und niedrig legierte Einsatzstähle und Baustähle mit
Kohlenstoffgehalten von unter 0,25 %. Eine Behandlung kann im Salzbad oder im Gasstrom
erfolgen. Die Temperatur für die Wärmebehandlung liegt über dem Ac1-Punkt
des zu behandelnden Werkstoffs. Die Aufkohlungsgeschwindigkeit wird durch das gleichzeitige
Eindiffundieren von Kohlenstoff und Stickstoff beschleunigt. Durch diese Tatsache kann
der Aufkohlungsvorgang bei tieferen Temperaturen (700 - 800° C) als bei dem reinen
Aufkohlungsverfahren erfolgen. Die Tiefe der Einhärtungszone ist schneller erreicht.
Durch Anreicherung von Stickstoff wird die Härtetemperatur und die kritische Abkühlgeschwindigkeit
herabgesetzt, so dass milder abgeschreckt werden kann. Beide Faktoren verringern das
Risiko des Verzugs. Nach der Wärmebehandlung wird das Werkstück entsprechend
den Anforderungen in Wasser, Öl oder an Luft abgekühlt und kann anschließend
noch angelassen werden. Werkstücke die karbonitriert wurden besitzen einen höheren
Verschleißwiderstand als Werkstücke die einsatzgehärtet wurden.
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13. Oberflächenhärtung
Unter dem Verfahren Oberflächenhärtung wird ein Härten der Oberfläche
ohne das Einbringen anderer Elemente, wie Kohlenstoff oder Stickstoff, verstanden.
Dies wird durch ein beschränktes Erhitzen von Werkstücken erreicht, bei dem
nur die Oberfläche auf Härtetemperatur gebracht wird und der Kern beim Abschrecken
nicht beeinflusst wird. Bei diesem Wärmebehandlungsverfahren wird die Werkstückoberfläche
entweder durch Gasflammen (Flammhärten) oder durch Strominduktion (Induktionshärten)
auf Austenitisierungstemperatur erwärmt. Die Abkühlung / Abschreckung erfolgt
durch eine nachgeschaltete Ringbrause. Anschließend werden die Bauteile entspannt.
Die dabei erzielbare Oberflächenhärte ist abhängig vom Kohlenstoffgehalt
und die Einhärtetiefe ist abhängig vom Grad der Legierung des Werkstoffs.
Ziel der Behandlung ist eine harte und verschleißfeste Oberfläche bei gleichzeitig
zähem Kern.
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