Wärmebehandlungsarten bei Stahl

 
Die in der Metallografie zu untersuchenden Schliffe liegen immer in der einen oder anderen Wärmebehandlung vor. Die unten aufgeführte Liste soll einen Überblick verschaffen über die gebräuchlichsten Wärmebehandlungsarten die bei Stahl Anwendung finden. Es sollen nur einige Grundlagen vermittelt werden die für eine metallografische Untersuchung notwendig sind. Tiefergehende Informationen sind in einschlägigen Fachliteraturen zu finden und würden hier den Rahmen sprengen.

1. Unbehandelt

2. Normalisieren

3. Weichglühen (GKZ-Glühen)

4. Härten

5. Anlassen

6. Vergüten

7. Entspannen

8. Lösungsglühen

9. Rekristallisationsglühen

10. Einsatzhärten

11. Nitrieren

12. Karbonitrieren

13. Oberflächenhärtung

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1. Unbehandelt

Unter dem Zustand unbehandelt versteht man eigentlich keine echte Wärmebehandlung. Es ist die geregelte oder ungeregelte Abkühlung aus der Hitze der Warmumformung (Walzen , Schmieden). Bei austenitischen Güten wird hier vorwiegend in Wasser abgeschreckt. Dabei liegt meist ein sehr feinkörniges austenitisches Gefüge vor. Bei Bau- und Werkzeugstählen liegen bei einer üblichen Luftabkühlung, in Abhängigkeit vom Werkstoff, Endumformtemperatur und der Abkühlgeschwindigkeit, unterschiedlichste Gefügezusammensetzungen vor (Ferrit-Perlit Gefüge , Zwischenstufengefüge , Martensit oder Gefügegemische aus den vorgenannten). Bei einer Reihe von Werkstoffen wird aber auch mit den dabei erzeugten Gefügeausbildungen ein Ergebnis erzielt, dass eine weitere Bearbeitung (z.B. spanend oder durch Kaltumformung) ohne vorherige Wärmebehandlung erlaubt. Eine langsame Abkühlung aus nicht zu hohen Umformtemperaturen kommt bei niedrig legierten Baustählen einem Normalisieren sehr nahe. Bei austenitischen Werkstoffen kann durch eine Abschreckung in Wasser aus der Umformhitze, in einigen Fällen, auch ein annehmbares Ergebnis erzielt werden.

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2. Normalisieren

Bei dem Normalisieren soll im Material eine einheitliche Gefügestruktur mit feinem Korn ausgebildet werden. Es wird zum Beseitigen von ungleichmäßigen und groben Gefügen angewandt. Bei dieser Wärmebehandlung findet eine vollständige Gefügeumwandlung (meist Ferrit-Perlit oder Perlit) und die Neubildung der Körner statt. Das Material soll möglichst rasch auf Temperatur gebracht werden. Es gibt eine Faustregel (n. Hanemann), danach soll mindestens 4° C pro Minute aufgeheizt werden. Die Temperaturen für das Normalisieren liegen bei untereutektoiden Stählen ca. 30° bis 50° C oberhalb von Ac3 und bei übereutektoiden Stählen ca. 30° bis 50° C über Ac1. Die Haltezeit auf Glühtemperatur beträgt ca. 20 + (D(mm) / 2) Minuten (n. Ruhfus). Die Haltezeit wird vom Zeitpunkt an gerechnet, an dem die Oberfläche des Werkstücks die erforderliche Temperatur erreicht hat. Außer dem vorgenannten Berechnungsmodell gibt es auch noch andere Formeln. Auf jeden Fall ist das Material vollständig zu austenitisieren, das heißt der Ferrit muß vollständig und die Karbide müssen nahezu vollständig aufgelöst sein (Ausnahme übereutektoide Stähle, hier bleibt ein Rest an Karbiden ungelöst). Die Abkühlung nach der Glühung hat langsam zu erfolgen, entweder an ruhender Luft oder eventuell auch im Ofen. Bei zu schneller Abkühlung kann sich, insbesondere bei höher legierten Stählen, eventuell Martensit oder Zwischenstufengefüge ausbilden. Unterhalb ca. 600°C ist die Abkühlgeschwindigkeit nicht mehr so kritisch. Gefügefehler durch Überhitzung oder Überzeitung können durch eine erneute Wärmebehandlung mit richtig eingestellten Parametern korrigiert werden. Nach der Wärmebehandlung soll das Gefüge bei untereutektoiden Stählen aus Ferrit und Perlit bestehen. Bei übereutektoiden Stählen liegt Perlit und Korngrenzenzementit vor.

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3. Weichglühen (GKZ-Glühen)

Bei Stählen mit einem höheren Kohlenstoffgehalt (>0,35 % C) und bei höher legierten Bau- und Werkzeugstählen ist in weichgeglühtem Zustand eine bessere spanende Bearbeitung möglich. Nach der Weichglühung weisen diese Stähle anstelle des lamellaren Perlits einen körnig eingeformten Perlit auf. Diese Gefügeausbildung weist eine geringere Festigkeit des Stahls auf. Die beim Weichglühen gebildeten Karbide dürfen nicht zu fein und nicht zu grob ausgebildet werden. Gröbere Karbide bewirken eine bessere Zerspanbarkeit und feine Karbide lassen sich bei einer späteren Vergütung schneller in Lösung bringen. Ein gutes Mittelmaß ist in den meisten Fällen von Vorteil. Um ein möglichst gleichmäßiges Weichglühgefüge zu erhalten ist das Ausgangsgefüge von entscheidender Bedeutung. Die Temperaturen bei dieser Glühmethode bewegen sich in der Regel kurz unter oder selten auch oberhalb von Ac1, zeitweilig auch mit einer Temperaturpendelung um diesen Bereich. Die Dauer der Glühung ist abhängig vom Ofentyp, Werkstoff, Chargiermenge und den erforderlichen Eigenschaften nach dem Glühen. Ein gesamter Zeit-Temperatur-Zyklus (inklusive Aufheizen und Abkühlen) beläuft sich auf ca. 4 - 24 Stunden. Glühfehler, wie zum Beispiel die Bildung sehr grober Karbide infolge falscher Temperaturwahl oder zu langer Haltezeit, lassen sich nur noch durch erneute Bildung von lamellarem Perlit, z.B. durch ein Normalisieren, oder durch Bildung anderer Umwandlungsgefüge, wie z.B. Zwischenstufe, wieder rückgängig machen. Anschließend muss die Weichglühung mit den richtigen Parametern wiederholt werden. Während es beim Weichglühen hauptsächlich auf eine angestrebt niedrige Festigkeit ankommt, so wird beim GKZ-Glühen zusätzlich noch besonders auf einen möglichst hohen Einformgrad des Gefüges Wert gelegt. In diesem Zustand (Ferrit mit körnigem Zementit) lassen sich Stähle am besten Kaltfließpressen oder Stauchen. Bainitische Ausgangsgefüge lassen sich besonders gut und gleichmäßig einformen. Eine besondere Form des Weichglühens ist das Glühen auf Kaltscherbarkeit. Scherbar ist ein Material schon bei höheren Festigkeiten als dies z.B. für eine Kaltumformung erforderlich ist. Die Glühzeiten sind ähnlich denen des Weichglühens, die Glühtemperaturen sind aber niedriger. Die Glühzeiten sind beim GKZ-Glühen, im Gegensatz zu den anderen beiden Verfahren, am längsten.

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4. Härten

Als Härten bezeichnet man den Vorgang der raschen Abkühlung aus dem Austenitgebiet heraus. Das Material soll möglichst rasch auf Temperatur gebracht werden. Es gibt eine Faustregel (n. Hanemann), danach soll mindestens 4° C pro Minute aufgeheizt werden. Bei den meisten Stählen liegen die Temperaturen für das Härten bei untereutektoiden Werkstoffen ca. 30° bis 50° C oberhalb von Ac3 und bei übereutektoiden Werkstoffen ca. 30° bis 50° C über Ac1. Die Haltezeit auf Härtetemperatur beträgt ca. 20 + (D(mm) / 2) Minuten (n. Ruhfus). Die Haltezeit wird vom Zeitpunkt an gerechnet, an dem die Oberfläche des Werkstücks die erforderliche Temperatur erreicht hat. Auf jeden Fall ist das Material vollständig zu austenitisieren, das heißt der Ferrit muß vollständig und die Karbide müssen nahezu vollständig aufgelöst sein (Ausnahme übereutektoide Stähle, hier bleibt ein Rest an Karbiden ungelöst). Nach dem Austenitisieren wird das Material abgeschreckt. Als Abschreckmedium kommen je nach Werkstoff entweder Wasser, Öl oder Luft in Betracht. Im Allgemeinen werden Stähle mit wenig Kohlenstoff und niedrigem Legierungsanteil schroffer abgekühlt / abgeschreckt als Stähle mit mehr Kohlenstoff und höherem Anteil an Legierungselementen. Hierbei wird in der Regel ein martensitisches Gefüge, bei manchen Werkstoffen auch Zwischenstufe oder ein Gemisch aus Martensit und Zwischenstufe, erzeugt. Diese Gefüge haben eine höchstmögliche Härte.

Bei der Abkühlung in einem flüssigen Abschreckmittel werden normalerweise drei Phasen durchlaufen. Zuerst bildet sich eine Dampfhaut um die abzuschreckende Probe (Dampfhautphase). Durch diesen Effekt des Filmsiedens (Leidenfrost-Phänomen) wird das Werkstück gegen das Abschreckmedium isoliert. Es findet nur eine geringe Wärmeübertragung statt und die Abschreckwirkung ist gering. Nachdem die Temperatur an der Probenoberfläche weit genug abgesunken ist bricht die Dampfhaut zusammen und es beginnt Phase 2 (Kochphase) der Abschreckung. Hierbei beginnt das Abschreckmittel zu kochen wobei sich ständig Dampfblasen von der Werkstückoberfläche lösen (Blasensieden). Das Abschreckbad wird dadurch einer starken Bewegung unterworfen und die Abschreckwirkung ist hoch. Das Maximum der Abkühlung / Abkühlwirkung ist in diesem Stadium erreicht. Nach weiterer Absenkung der Oberflächentemperatur kommt die Blasenbildung zum Stillstand. In der nun folgenden Phase 3 (Konvektionsphase) findet die Wärmeableitung nur noch durch Konvektion statt. Die Abschreckwirkung ist geringer als in "Phase 2" aber höher als in "Phase 1". Die Phase 1 kann durch Bewegen der Probe teilweise vermieden werden. Durch den Zusatz von Kochsalz (z.B. 10 %) oder auch zyanhaltigen Salzen zum Wasser wird die Dampfphase vollständig unterdrückt. Die Abkühlgeschwindigkeit wird dadurch stark erhöht. Die Temperatur des mit Salz versetzten Wassers kann höher sein als Wasser ohne Zusätze und hat immer noch gute und gleichmäßige Abschreckwirkung.

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5. Anlassen

Der Anlassvorgang findet bei Temperaturen zwischen Raumtemperatur und unterhalb Ac1 statt. Für Vergütungsstähle im niedrig bis mittelstark legierten Bereich werden Temperaturen von 200° bis 680° C angewandt. Je nach verlangten mechanischen Eigenschaften wird auf dieser Temperatur unterschiedlich lange gehalten. Eine Faustregel für die Anlasszeit lautet ca. 2 mal Haltezeit des Materials auf Austenitisierungstemperatur beim Härten. Im allgemeinen wird an Luft abgekühlt. Ein zu langsames Abkühlen nach dem Anlassen kann bei einigen Stählen (Mn , CrNi und CrMn legiert) zu Anlasssprödigkeit führen. Bei empfindlichen Stählen ist der kritische Temperaturbereich von 550 bis 400° C zügig zu durchlaufen. Um das Risiko der Bildung von Spannungsrissen zu minimieren oder zu vermeiden ist ein möglichst zeitnahes Anlassen nach dem Härten anzustreben. Ziel des Anlassens ist der Abbau von Materialspannungen die durch das Härten entstanden sind und das entgültige Einstellen der gewünschten technologischen Eigenschaften wie Zugfestigkeit, Streckgrenze, Dehnung und Einschnürung. Im Gefüge finden während des Anlassens mehrere Vorgänge statt. Beim Anlassen findet keine kristalline Veränderung statt. Die Härte verringert sich durch den einsetzenden Martensitzerfall mit Bildung von feinsten, lichtmikroskopisch nicht sichtbaren epsilon-Karbiden (oberhalb ca. 100 °C) und die Ausscheidung von feinen Karbiden "Fe3C" (oberhalb ca. 250 °C). Der Grad der Karbidausscheidung und deren Größe steigt mit der Höhe der Anlasstemperatur und damit sinkt in gleichem Maße die Härte. Das Gefüge besteht zum Schluß aus ferritischer Matrix mit eingelagerten, lichtmikroskopisch sichtbaren, Karbiden. Bei ca. 200° C wandelt tetragonaler Martensit in kubischen Martensit um.

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6. Vergüten

Vergüten ist eine Kombination aus Härten und Anlassen. Mit dieser Wärmebehandlung soll das Material in einen Zustand mit hohen Zähigkeitseigenschaften bei gleichzeitig hoher Zugfestigkeit bzw. Härte versetzt werden. Das beste Streckgrenzenverhältnis und die höchste Zähigkeit werden beim Vergüten erreicht, wenn die Härtung vollkommen über die Martensitstufe erfolgt ist. Soll Material vergütet werden so ist ein möglichst kurzfristiges Anlassen nach dem Härten vorzuziehen um eine eventuelle Rissbildung, hervorgerufen durch innere Spannungen, zu vermeiden. Zur exakten Einstellung der technologischen Eigenschaften dienen die für jede Stahlsorte expliziten Vergütungsschaubilder / Anlassschaubilder. Hier sind die Festigkeits- und Zähigkeitskennwerte in Abhängigkeit von der Anlasstemperatur abzulesen.

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7. Entspannen

Das Entspannen oder Spannungsfreiglühen / Spannungsarmglühen dient dem Abbau von Spannungen im Material. Diese Spannungen können bei Temperaturen unterhalb Ac1 (ca. 650° - 680° C) abgebaut werden; übliche Temperaturen für das Spannungsarmglühen 450 - 650° C. Eine Gefügeumwandlung findet dabei nicht statt. Je nach Temperatur und Haltezeit ist eine geringe Einformwirkung im Gefüge festzustellen und die Festigkeit kann leicht abfallen. Bei niedrigen Temperaturen muss die Glühzeit verlängert werden. Die Abkühlung sollte langsam und geregelt erfolgen um eine erneute Spannungsbildung zu vermeiden. Wenn vergütetes Material entspannt werden soll, so muss die Temperatur zum entspannen ca. 30 - 50° C unter der letzten Anlasstemperatur liegen um eine Beeinträchtigung der Festigkeit zu verhindern. Werkstoffe die eine hohe Härte haben sollen werden bei ca. 200° C entspannt. Bei dieser Temperatur wandelt der spannungsreiche tetragonale Martensit in spannungsärmeren kubischen Martensit um.

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8. Lösungsglühen

Lösungsglühen ist ein Wärmebehandlungsprozess der bei austenitischen Güten Anwendung findet. Das Material wird bei Temperaturen von ca. 1000° bis 1100° C für 30 Minuten bis zu einigen Stunden (abhängig von den Werkstückabmessungen) auf Temperatur gehalten und anschließend in Wasser abgeschreckt. Eventuell im Austenit vorhandene Karbidausscheidungen, Delta-Ferrit oder Sigma-Phase werden so in Lösung gebracht und die Wasserabschreckung verhindert erneute Ausscheidungen. Bei dünnen Querschnitten kann auch schnelle Luftabkühlung ausreichend sein. Das nach der Warmumformung meist feine Austenitkorn vergröbert sich dabei mehr oder weniger stark. Lösungsglühen dient bei austenitischen Werkstoffen auch der Rekristallisation von kaltverformtem Material (z.B. nach dem Ziehen oder Tiefziehen) und führt zum Abbau von Kaltverfestigungen. Zu lange Haltezeit und zu hohe Temperaturen begünstigen das Kornwachstum negativ und es kann schnell zur Grobkornbildung kommen.

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9. Rekristallisationsglühen

Eine Rekristallisationsglühung wird vorgenommen wenn das Material kaltverformt wurde. Die dabei aufgetretenen Eigenschaftsänderungen, wie zum Beispiel Verfestigung und Kornstreckung, können mit dieser Wärmebehandlung beseitigt werden. Die Rekristallisationstemperatur liegt unterhalb Ac1, üblicherweise bei Temperaturen zwischen 500 und 700° C. Mit zunehmender Kaltumformung steigt die Festigkeit an, bei gleichzeitiger Abnahme von Dehnung und Zähigkeit. Ist das Material an seiner Umformgrenze angelangt, muss durch eine Rekristallisation eine Kornneubildung vorgenommen werden. Bei der Rekristallisationsglühung findet keine Neubildung der Gefügezusammensetzung statt sondern es werden nur die Körner neu gebildet. Die Neigung zur Kornneubildung ist um so größer je größer der Umformgrad ist. Bei hohen Umformgraden ist auch eine niedrigere Glühtemperatur ausreichend. Bei steigenden Umformgraden und sinkender Rekristallisationstemperatur nimmt die Korngröße der neugebildeten Körner ab, zum Teil sogar unter die der Ursprungskorngröße. Bei Profilen mit örtlich unterschiedlichen Verformungen können manchmal Probleme bei der Kornneubildung entstehen, da durch die unterschiedliche Verfestigung keine einheitliche Korngröße entsteht. Die Rekristallisation von austenitischen Werkstoffen wird bei der entsprechenden Lösungsglühtemperatur durchgeführt. Hochlegierte ferritische Chromstähle können durch ein Weichglühen bei der werkstoffspezifischen Temperatur rekristallisiert werden.

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10. Einsatzhärten

Beim Einsatzhärten wird dem eigentlichen Härteprozess eine Aufkohlung des Materials vorausgeschickt. Sinn und Zweck dieser Wärmebehandlungsmethode ist eine harte, verschleißfeste Oberfläche bei gleichzeitig hoher Zähigkeit im Kernbereich. Als Werkstoffe kommen Stähle mit Kohlenstoffgehalten unterhalb von 0,25 % in Frage. Es gibt unlegierte und legierte Einsatzstähle. Die bei der Einsatzhärtung erreichten Oberflächenhärten sind bei allen Einsatzstählen nahezu gleich. Unterschiede gibt es jedoch in der erzeugten Kernhärte, da die Werkstoffe unterschiedliche Härteannahmen außerhalb der aufgekohlten Bereiche entwickeln. Als Aufkohlungsmittel kommen gasförmige, feste und flüssige Mittel zum Einsatz (Gasaufkohlen, Pulveraufkohlen, Badaufkohlen). Als feste Aufkohlungsmittel werden meist Mischungen aus Holzkohle und Bariumkarbonat eingesetzt. In Kästen werden die Werkstücke so in dem Einbettpulver eingelegt das sie allseitig mindestens 2 bis 3 cm bedeckt sind. Die Behälter sind gut zu verschließen um ein Entweichen der Aufkohlungsgase zu minimieren. Flüssige Aufkohlungsmittel gibt es Form von Salzbädern die auf Aufkohlungstemperatur geschmolzen werden. Die Werkstücke werden direkt in die Salzschmelze eingehängt und erreichen dadurch schnell die Aufkohlungstemperatur. Das Verfahren der Aufkohlung mit gasförmigen Stoffen hat sich vor allem in der automatischen Massenfertigung immer mehr durchgesetzt und ist das Standartverfahren bei Durchlauföfen. Die Temperaturen für den Aufkohlungsprozess liegen zwischen 870° und 930° C (manchmal bis zu 980° C). Die Tiefe der aufgekohlten Zone wird hauptsächlich durch die Behandlungsdauer bestimmt, daneben spielt noch die Aktivität des Aufkohlungsmittels eine Rolle. Das aufgekohlte Material kann anschließend direkt aus der Aufkohlungshitze (Direkthärtung) oder später nach der Abkühlung des Werkstücks und einer erneuten Erwärmung auf Härtetemperatur (als Einfach- oder Doppelhärtung) abgeschreckt und damit gehärtet werden. Für die Direkthärtung lassen sich nur Feinkornstähle verwenden, die eine bestimmte Legierungszusammensetzung aufweisen, da eine übermäßige Bildung von Restaustenit vermieden werden muß. Bei der Einfachhärtung wird das Werkstück von der für die aufgekohlte Randzone entsprechenden Härtetemperatur abgeschreckt. Bei der Doppelhärtung wird das Werkstück zuerst von der Härtetemperatur des Grundwerkstoffs abgeschreckt und anschließend, nach erneutem Erhitzen, von der Härtetemperatur der aufgekohlten Randzone. Unlegierte Stähle werden vorwiegend aus dem unteren Temperaturbereich in Wasser abgeschreckt während legierte Einsatzstähle aus dem oberen Temperaturbereich in Öl abgeschreckt werden. Anschließend können die einsatzgehärteten Teile noch angelassen werden um Spannungen abzubauen. Einsatzhärtetiefe ist die Zone, gemessen von der Oberfläche bis zu dem Punkt, an dem eine zuvor festgelegte Härte noch erreicht wird. Übliche Aufkohlungstiefen liegen zwischen 1 und 2 mm.

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11. Nitrieren

Unter Nitrieren wird der Vorgang des Glühens in stickstoffabgebenden Mittel verstanden. Es kommen gasförmige (Stickstoffträger ist meist NH
3) und flüssige (Stickstoffträger ist meist KCN-Salz) Aufstickungsverfahren zum Einsatz. Beim Gasnitrieren spaltet sich laufend während der gesamten Wärmebehandlungsdauer das Ammoniak (NH3) in atomaren Stickstoff und Wasserstoff auf. Beim Badnitrieren zersetzt sich das Kaliumzyanit und gibt atomaren Stickstoff und Kohlenstoff frei. Diese Vorgänge geschehen unter Einwirkung von Temperatur und der katalytischen Wirkung der Eisenoberfläche. Der dann vorliegende atomare Stickstoff kann in die Werkstückoberfläche eindiffundieren. Beim Verfahren des Plasmanitrieren findet die Einlagerung von Stickstoff an der Werkstückoberfläche im Vakuum, unter Zuhilfenahme eines durch Glimmentladung erzeugten Plasmas, statt. Zweck dieser Wärmebehandlungsverfahren ist eine Erhöhung der Verschleißfestigkeit und Härte der Oberfläche. Dies wird durch das Entstehen von hohen Druckeigenspannungen, als Folge der Volumenzunahme durch Stickstoffanreicherung, und durch die Ausscheidung von Sondernitriden erreicht. Die Nitriertemperatur beim Gasnitrieren liegt bei ca. 500 - 530° C und beim Salzbadnitrieren bei ca. 550 - 580° C. Die Temperaturen beim Plasmanitrieren sind überlicherweise bei ca. 480° - 580° C, können in Sonderfällen aber bis auf 350°C abgesenkt werden. Nach Beendigung der Nitrierzeit wird das Material an Luft abgekühlt oder manchmal auch in Öl oder Wasser abgeschreckt (Vermeidung von Anlassversprödung aber größere Gefahr des Verzugs). Beim Nitrieren von vergütetem Material ist darauf zu achten eine ausreichende thermische Stabilität zu gewährleisten. Die Nitriertemperatur sollte aus diesem Grund mindestens ca. 30 - 50° C unter der Anlasstemperatur liegen, um eine erneute Anlasswirkung, welche eine Abnahme der Kernfestigkeit zur Folge hätte, zu verhindern. Eine sehr lange Nitrierdauer könnte die gleichen Auswirkungen zur Folge haben. Nitrierhärtetiefe ist die Zone, gemessen von der Oberfläche bis zu dem Punkt, an dem eine zuvor festgelegte Härte noch erreicht wird. Die Tiefe von Nitrierzonen liegt üblicherweise bei 0,2 bis 0,4 mm. Bei sehr langer Nitrierdauer kann die Nitriertiefe aber auch bis zu 1 mm betragen. Für das Gasnitrieren und Salzbadnitrieren werden bevorzugt Werkstoffe aus der Gruppe der Nitrierstähle verwandt aber es eignen sich ebenso normale Bau- und Vergütungsstähle. Für das Plasmanitrieren eignen sich auch hoch legierte Chromstähle.
Eine Sonderform des Nitrierens ist das Nitrocarburieren. Bei diesen Verfahren, die ebenfalls im Gasstrom, Salzbad oder Plasma im gleichen Temperaturbereich wie oben beschrieben durchgeführt werden, werden neben Stickstoffträgern auch Kohlenstoffträger angeboten. Beide Elemente N und C werden kontrolliert eingesetzt und diffundieren parallel in die Werkstückoberfläche ein.
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12. Karbonitrieren

Karbonitrieren ist eine Kombination aus Aufkohlen und Nitrieren. Für das Karbonitrieren eignen sich unlegierte und niedrig legierte Einsatzstähle und Baustähle mit Kohlenstoffgehalten von unter 0,25 %. Eine Behandlung kann im Salzbad oder im Gasstrom erfolgen. Die Temperatur für die Wärmebehandlung liegt über dem Ac1-Punkt des zu behandelnden Werkstoffs. Die Aufkohlungsgeschwindigkeit wird durch das gleichzeitige Eindiffundieren von Kohlenstoff und Stickstoff beschleunigt. Durch diese Tatsache kann der Aufkohlungsvorgang bei tieferen Temperaturen (700 - 800° C) als bei dem reinen Aufkohlungsverfahren erfolgen. Die Tiefe der Einhärtungszone ist schneller erreicht. Durch Anreicherung von Stickstoff wird die Härtetemperatur und die kritische Abkühlgeschwindigkeit herabgesetzt, so dass milder abgeschreckt werden kann. Beide Faktoren verringern das Risiko des Verzugs. Nach der Wärmebehandlung wird das Werkstück entsprechend den Anforderungen in Wasser, Öl oder an Luft abgekühlt und kann anschließend noch angelassen werden. Werkstücke die karbonitriert wurden besitzen einen höheren Verschleißwiderstand als Werkstücke die einsatzgehärtet wurden.

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13. Oberflächenhärtung

Unter dem Verfahren Oberflächenhärtung wird ein Härten der Oberfläche ohne das Einbringen anderer Elemente, wie Kohlenstoff oder Stickstoff, verstanden. Dies wird durch ein beschränktes Erhitzen von Werkstücken erreicht, bei dem nur die Oberfläche auf Härtetemperatur gebracht wird und der Kern beim Abschrecken nicht beeinflusst wird. Bei diesem Wärmebehandlungsverfahren wird die Werkstückoberfläche entweder durch Gasflammen (Flammhärten) oder durch Strominduktion (Induktionshärten) auf Austenitisierungstemperatur erwärmt. Die Abkühlung / Abschreckung erfolgt durch eine nachgeschaltete Ringbrause. Anschließend werden die Bauteile entspannt. Die dabei erzielbare Oberflächenhärte ist abhängig vom Kohlenstoffgehalt und die Einhärtetiefe ist abhängig vom Grad der Legierung des Werkstoffs. Ziel der Behandlung ist eine harte und verschleißfeste Oberfläche bei gleichzeitig zähem Kern.

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